06.11.2022, Autor: Lenard Baum
Gruppenbild Maschinenbau 1892, Quelle: ZHAW
Eine Jobmöglichkeit brachte eine Studierende dazu ihr Studium abzubrechen. Die junge Gülsha Adilji, geboren 1985 in Uzwil, fand nach einer abgeschlossenen Lehre als Pharmaassistentin den Wunsch nach höherer Bildung. Nachdem sie die Matura nachholte, folgte vor der ZHAW, erst der Schritt an die Uni Zürich. Den Bachelor in Populäre Kulturen und Filmwissenschaften in der Tasche, schrieb sie sich 2010 bei der ZHAW in Wädenswil für Biotechnologie ein. Doch da kam es schliesslich zur Mail beim neustartenden privaten Jugend-Fernsehsender Joiz. »Ich bin Vollzeitstudentin an der ZHAW aber Achtung: Nicht Journalismus und Kommunikation, sondern Biotechnologie. Ta-Ta. Und so ziemlich auf dem Weg, die Welt oder mindestens die Schweiz im Sturm zu erobern.« hatte, sie damals die Mail angefangen, erklärte sie im Rückblick ZHAW-Kommunikationsstudent und Journalist Suad Demiri.
Gülsha Adilji, Quelle: SRF
Gülsha Adilji 2012 kommt aus dem ZHAW Studium direkt zu Joiz, Quelle: SRF
Bei Joiz bekam sie eine Stelle und damit heisst es auf Wiedersehen ZHAW Wädenswil. Überraschenderweise aber nicht als Webredaktorin sondern als Moderatorin und darin ging Gülsha Adilji auf. Noch im gleichen Jahr wurde sie vom Branchen-Magazin Schweizer Journalist zur Newcomerin des Jahres gewählt. Bis zur Absetzung von Joiz sollte sie in ihren Sendungen wie Gülsha folgt dir, NOIZ, EVEEEEER!, Deutschland für Anfänger, Balkan Charts und einigen weiteren neben der Moderation zu einer gefragten Journalistin heranreifen. Joiz gibt es nicht mehr doch Gülsha Adilji ist stetig gefragt, ob als Podcasterin, Kleinkünstlerin sowie Moderatorin und zeigt uns, dass man für seine richtige Passion auch mal das „falsche“ Studium anfangen darf.
Hinter diesem langen Namen steckt einer der wichtigsten Firmengründer der ZHAW-Geschichte. Begeben wir uns auf eine Zeitreise ins Jahr 1874. In Deutschland wird nach Regeln zum ersten Mal offiziell Fussball gespielt, Grossbritanniens späterer Premier Winston Churchill wird geboren und der älteste Vorgänger der ZHAW, das Technikum Winterthur wird gegründet. An diesem schrieb sich nach dem Gymnasium in Winterthur jener lange Name ein. Als Sohn von Charles Brown, einem der Pioniere der Firma Sulzer sowie der Schweizer Eisenbahn, fand sich Charles E. L. schon früh zurecht mit Maschinenkonstruktionen. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Sidney Brown, welcher mehr Glück hatte bei der Namenswahl, sollten beide im Studium schnell in die Fussstapfen des Vaters treten. Doch Charles E. L. sollte es weitertreiben.
Nach Arbeiten mit seinem Bruder und Vater mit höherem Posten in einer Maschinenfabrik in Oerlikon und ersten Pionierleistungen, wie der weltweit ersten Übertragung elektrischer Energie mit hochgespanntem Drehstrom, folgte 1887 der Schritt ins eigene Unternehmertum. Mit einem ehemaligen Arbeitskollegen gründet Charles in Baden die BBC (Brown, Boveri & Cie), von Namenswitzen jetzt mal abgesehen, ein Unternehmen welches in der Wende zum 20.Jahrundert ein internationales Unternehmen für die Maschinen, Turbinen und Lokomotiv-Teilen. Sein späterer Fusionsnachfolger ABB hält bis heute Standorte in 100 Ländern und stellte bis 2020 den grössten Industriearbeitgeber der Schweiz. Was sich nicht alles bis zu den Anfängen der ZHAW zurückverfolgen lässt.
Charles Eugene Lancelot Brown, Quelle: Wikimedia (unknown)
Von der Weltmeisterschaft in den Lesesaal. So sah es für Alina Pätz aus, als es hiess den ZHAW-School of Law Lesesaal und das Eisfeld zusammen unter einen Hut zu kriegen. Die Urdorferin fing nach einer kaufmännischen Ausbildung mit 20 Jahren, 2010 ein Studium der Betriebsökonomie am Standort Winterthur der ZHAW an. Doch seit der Jugend begleitet Alina Pätz ihre Sportart: Curling. In der Jugend, mit Sieben Jahren angefangen, spielte sich Pätz schon bald in den Fokus der Nationalmannschaft. Das Grundstudium, wo viele Studierende nach einem Jahr froh sind durchgekommen zu sein, schaffte Alina Pätz ihren ersten internationalen Erfolg im Curling. Ihr erster WM-Sieg im Mixed-Doubles mit Partner Sven Michel und den Doppel-Weltmeistertitel. Doch es sollte nicht ihr letzter Sieg bleiben.
2013 schloss Alina Pätz mit dem Bachelor ab und zog neben dem Curling Stein auch von der ZHAW weiter. Ihr Curling Stein sollte insbesondere an den Curling-Weltmeisterschaften nur die goldene Farbe mitnehmen. Von 2012, wo viele sich ein Praktikum im Studium suchen, gab es den ersten WM-Frauen Titel für die nun 22-Jährige. Es sollten vier weitere folgen und an der WM wurde seit 2012 nur ihr Name bei Gold ausgerufen. An den Olympiaden 2014 in Sotchi sowie 2022 in Peking folgte zweimal der 4.Platz und doch blickt Alina Pätz zielsicher auf die nächsten Titel. Ein moderneres Beispiel, wie man Studium und eine Sportlerkarriere vereinen kann.
Vom Geschichtsunterricht zum Physikunterricht, kaum jemand kam in der Schule um diesen Namen herum. Ein junger Albert Einstein fand sich am 16. Mai 1901 in Winterthur ein, vor dem ältesten Department der heutigen ZHAW, dem Technikum Winterthur. Auf Jobsuche wie so viele Studierende, die gerade ihr erstes Diplom in der Tasche haben, nahm der ETH-Absolvent eine Stelle als Aushilfslehrer am Technikum an. In den Fächern Mathematik und darstellende Geometrie half der 22-Jährige bis Juli am Technikum Winterthur und ging ein und aus, durch das heute älteste Gebäude der ZHAW von 1877.
Graffiti von Albert Einstin, Foto: Taton Moïse, Unsplash
Albert Einstein (3.) als ETH-Student wenige Jahre vor seinem Engagement an der ZHAW, Quelle: ETHZ
Die Wege des Genies und Winterthur endeten schliesslich im Herbst 1901, als Einstein auf der Suche nach einer Festanstellung seine Zelte im Patentamt von Bern aufschlug. In dieser Zeit sollte er mit E = mc2 seine wohl berühmteste Formel konzipieren und von da aus eine Physik Karriere starten, welche bis heute Wissenschaftler:innen beschäftigt. Danach hätten die Wege des Technikum Winterthurs und Einsteins sich beinahe erneut gekreuzt. Auf der Suche nach einer Stelle in seinem Lehrbereich hatte der Ulmer sich am Technikum bewerben wollen, doch eine Berufung der Uni Zürich erreichte ihn zuerst. Was folgte findet sich in jeder Geschichtsdokumentation wieder. Über Stationen wie Prag und Berlin entwickelte Einstein seine Theorien weiter und setzte Massstäbe in der theoretischen Physik, welches unter anderem zur Erfindung der Atombombe führte. Zwei Monate und ein weltenbewegendes Leben verbunden, durch die ZHAW.
Von der Schulbank in den Bundesrat treibt es sich Karin Keller-Sutter (FDP), welcher das Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD untersteht. Die Uzwilerin fand nach der regulären Schulzeit ihren Weg an die Dolmetscherschule Zürich. Das „DOZ“ ist heute integriert ins Institut für angewandte Linguistik als Teil des Komplexes in Winterthur. Noch damals in Zürich liess sich die heute 59-Jährige zur Übersetzerin und Konferenzdolmetscherin ausbilden und verliess mit Diplom die Hochschule Richtung Selbstständigkeit.
Erste v.r. Karin Keller-Sutter nach der Studienzeit am Beginn ihrer Politik-Karriere, Quelle: NZZ-Magazin, Liberix
Karin Keller-Sutter, Quelle: admin.ch
Schon in der Studienzeit zeigte sich die spätere Bundesrätin offen für Führungspositionen. Schon in der Kanti Klassensprecherin präsentierte sie sich während des Studiums der Fachschaft. «Nicht weil ich eine Streberin bin – ich habe einen grossen Gerechtigkeitssinn.» blickt, sie später in der Schweizer Illustrierten auf ihre Schulzeit zurück. Den Weg in die Politik findet sie nach weiteren Studienzeiten in Montreal, Fribourg und London wieder in ihrem Geburtsort Will. 1992 wird sie von den Wilern und Wilerinnen mit 29 Jahren in den Gemeinderat gewählt. Es folgt das St. Galler Kantonsparlament, 2000 mit nun 33 Jahren den Sprung in den hohen Kantonsrat. Elf Jahre später der hohe Ständerat den sie in der Periode 17/18 als Präsidentin vorsass und am Ende der Legislaturperiode der grosse Sprung. 2018 wird die ehemalige Dolmetscherin, welche inzwischen Verbandspräsidentin, Stiftungsvorsitzende oder Verwaltungsrätin von verschiedenen Organisationen ist, mit 55 Jahren als Nachfolgerin von Johann Ammann-Schneider in den Bundesrat berufen. Selbst in die hohe Politik finden sich daher die Wege ehemaliger Studierenden und sogar bis in die hohen Spitzenpositionen der Schweizer Politik.
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