Fazermint und Käärijä – typisch Finnisch? (Bildmontage: Levin Geser)

Kulturschock: Finnland

18.01.2025, Autor: Levin Geser

Zurück geht es nach Nordeuropa. Die Leute hier sind bekannt für ihre ruhige und reservierte Art. Sie sprechen eine Sprache, die sich kaum erlernen lässt und den einzigen Verwandten in der ungarischen Sprache findet. Wir befinden uns in Finnland – und was macht man in Finnland, um der Kälte zu entfliehen? Man geht in die Sauna! Und genau mit der werden wir uns heute beschäftigen.

Draussen ist es kalt, man sieht reichlich Schnee und der Himmel wird durch die bunten Nordlichter erhellt. Man schaut dem Geschehen von innen zu, während man vor Schweiss tropft. So stelle ich mir den perfekten Sauna-Aufenthalt in Finnland vor – und so weit weg von der Wahrheit ist das wahrscheinlich nicht einmal. Die Idee der Sauna entstand jedoch schon lange, bevor man überhaupt von Finnland hörte.

Schwitzende Steinzeitmenschen

Laut archäologischen Funden, sollen bereits die Steinzeitmenschen Schwitzhütten eingerichtet haben. Sie löschten in den Höhlen das lodernde Feuer mit Wasser und hielten sich noch immer in der Höhle auf, um sich den warmen Steinen und dem Dampf zu ergötzen. Man geht davon aus, dass sie dies nicht nur taten, um warm zu bleiben, sondern auch um sich zu Reinigung.

Ein positiver Nebeneffekt der Sauna ist nämlich die Sterilisierung – nicht nur Körper, sondern auch Raum. Ebenfalls war die Sauna ortsunabhängig einsetzbar und war somit gut gemacht für den nomadischen Lebensstil der Steinzeit.

Wo genau jedoch die ersten Saunas entstanden sind, lässt sich schwer ermitteln. Man weiss aber, dass sich diese Kultur des Schwitzens in diversen Regionen der Welt etablierte. So kam es nicht nur in Nordeuropa zum gemeinschaftlichen Schwitzen, sondern auch in Asien, Südamerika oder im antiken Rom waren die Schwitzhütten beliebt. Aus dem arabischen Raum kennt man auch das allseits beliebte Hammam, was ebenfalls eine Art Schwitz-Ritual ist.

Von Höhle, zu Loch, zu Hütte

Im Vergleich zum Rest der Welt, entwickelte sich vor allem im Nordosten Europas eine beständige Schwitzkultur. Anders in anderen Regionen der Welt, wo das Ritual ausstarb, blieb es im heutigen Finnland beständig.

In der Kultur der Samen, die heute noch immer im Norden Finnlands leben, wandelte sich das Ritual ab. Vom Dampf in der Höhle wich man ab und fing an, Löcher in den Boden zu graben. Diese bedeckte man mit Holz und Tierfell und brachte heisse Steine hinein.

Ebenfalls aus der Kultur der Samen entwickelte sich dann das Wort für Sauna. Übersetzt bedeutet es nichts anderes als Schwitzstube. Das ergab sich dann vor allem in der Bronze- und Eisenzeit, als die Menschen langsam sesshafter wurden. Man entwickelte die Sauna weiter und sie wurden zu ersten Kabüsen, in denen man ein Feuer machte, um die Steine zu erhitzen. Bevor man die Sauna betreten hat, liess man den Rauch ab, der durch das Ablöschen des Feuers entstanden ist – die sogenannte Rauchsauna.

Holzstich aus dem Jahr 1852, der eine frühe Version der finnischen Sauna zeigt (Bild: nationalgeographic.de)

Schwitzen von klein auf

Die meisten Finn*innen sind es sich schon von Kindesalter gewohnt, in die Sauna zu gehen. Wer in Finnland in eine Sauna gehen möchte, braucht meist nicht lange zu suchen. Die Saunas lassen sich in Mietwohnungen, Häusern und auch Ein-Zimmer-Wohnungen finden.

Laut Angaben der Europäischen Union soll es Finnland 1.7 Millionen Saunas geben – somit sind sie weltweit Spitzenreiter, was das angeht. Saunieren kann man so lange und so oft man will. Von Minuten zu Stunden ist alles erlaubt, was aber nicht vergessen gehen darf ist die Abkühlung zwischendurch mittels kalter Dusche oder Sprung ins kalte Wasser.

Wie soll man saunieren?

Wer sich nun bereit fühlt nach Finnland zu gehen und zu saunieren, sollte aber ein paar Regeln beachten. Im Gegensatz zu vielen Orten in der Schweiz, werden die Saunas strickt Geschlechter-getrennt. Für die Finn*innen können Mann und Frau nur zusammen die Sauna betreten, wenn man sich innerhalb des engsten Familienkreises befindet.

In Finnland wird grundsätzlich nackt gesaunt. Das ist oftmals auch in deutschsprachigen Ländern oder den baltischen Staaten der Fall. In vielen anderen Ländern ist jedoch oftmals das Gegenteil der Fall.

Es ist üblich in Finnland, mit Arbeitskolleg*innen, Mitschüler*innen oder auch Fremden in die Sauna zu gehen. Oftmals ist es ein Ort der Geselligkeit und des Austauschs für die lokale Bevölkerung.

Wenn man als Gast in Finnland ist und zu einem Saunagang eingeladen wird, sollte man diese Einladung nicht ablehnen. Die Nordeuropäer*innen lassen nicht jede Person in ihre Saunas – auch wenn man es evt. nicht lange aushält, sollte man die Einladung aus Respekt annehmen. Wenn man als erstes die Sauna betritt, sollte man dabei auch den ersten Aufguss mit der Schöpfkelle machen. Man darf in der Sauna sprechen aber streiten in der Sauna ist strikt verboten.

Ausziehen für die Politik

Was also privat gut funktioniert, kann doch auch auf einer politischen Ebene funktionieren – oder? Auch im finnischen Parlamentsgebäude befindet sich eine Sauna. Hier treffen sich die Kabinettsmitglieder, um entspannt diskutieren zu können. So manch ein finnischer Präsident hatte auch schon seine ausländischen Kollegen bei Staatsbesuchen in die Sauna eingeladen, um zu verhandeln.

Hierbei gibt es jedoch zwei grundlegende Probleme. Erstens sind die Gespräche in der Sauna weder aufgezeichnet noch niedergeschrieben – somit weiss man nie was genau besprochen wurde. Zweitens kommt die Sauna im Parlament aus einer Zeit, in der Frauen noch nicht politisieren durften. Da die Finn*innen getrennt saunieren, ist es somit nicht möglich für weibliche und männliche Abgeordnete zusammen in der Sauna über politische Anliegen zu diskutieren. Somit ist das Ritual heute nicht mehr so üblich in der finnischen Politik, wie es einmal war.

Die Sauna hat also einen langen Weg hinter sich – von der Dampfgefüllten Höhle bis hin zu politischen Gesprächen, die einen zum Schwitzen bringen. Egal wie man sie verwendet – die Sauna ist und bleibt ein zentraler Bestandteil der finnischen Kultur.

In dunkelgrün auf der Europakarte: Finnland – hellgrün: die bereits abgehandelten Länder (Bild generiert durch mapchart.com)

Steckbrief zu Finnland:

                    • Hauptstadt: Helsinki
                    • Landessprachen: Finnisch und Schwedisch
                    • Einwohnerzahl: 5’500’000 (Stand: 2022)
                    • Währung: Euro
                    • Special Fact: Am 13. Oktober wird in Finnland der Tag des Versagens gefeiert. Dabei geht es darum,
                      das Tabu rund ums Versagen zu lösen und offen mit dem Thema umgehen zu können. Eine Tradition
                      die vor ca. 10 Jahren ins Leben gerufen wurde.