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Marterias Weg in die «5. Dimension»

Das fünfte Solo-Album von Rapper Marteria ist eine Mischung aus Selbstreflektion und exzessiven Raves. Musikalisch wagt der Musiker einen Mix aus sanften, elektronischen Beats, gemischt mit «Back-to-the-Roots»-Elementen.

Letzen Herbst ist mit «5. Dimension» das fünfte Album des Rappers Marteria erschienen. Auf zwölf Songs nimmt der gebürtige Rostocker die Hörer:innen auf eine Reise zwischen Rave und Selbstreflektion mit. Mit etwas Verspätung (Prüfungsstress etc…) folgt nun ein Review des Albums.

Auf dem ersten Song «Niemand bringt Marten um» behandelt Marteria seine Reisen, sein Nierenversagen und sein Stranden am anderen Ende der Welt, anfangs 2020. Der Rapper wünschte damals allen Fans via Social Media ein gutes Jahr, verabschiedete sich und ging Reisen. Wie die Welt zwei Monate später aussah, ist allen klar. Damals sei er in Venezuela gestrandet, mit dem letzten Flieger konnte er sich von der nicht ganz ungefährlichen Stadt Caracas nach Barbados «retten». Dort verbrachte er den Lockdown – zwischen Hängematten, Palmen und Capri-Sonnen.

Quelle: musikblog.de

Die altbekannte Melancholie

«Love, Peace & Happiness» ist eine clubtaugliche Nummer, fröhlich und traurig zugleich. Die hohe Stimme von ÄTNA-Sängerin Inéz Schaefer harmoniert wunderschön mit der tiefen Stimme von Marteria und gibt dem Song das gewisse Etwas. Inhaltlich befasst sich der Song mit einer Partynacht und den Up und Downs, die sie mitbringt. In den Instrumentalparts finden sich UK-Garage-Elemente, die das Thema des Songs unterstreichen. Yasha, auf den letzten Solo-Alben von Marteria immer vertreten gewesen, ist ebenfalls als Feature erwähnt, geht auf dem Song leider etwas unter.

Durch das Album zieht sich eine Melancholie, die treue Marteria-Fans von «Zum Glück in die Zukunft» kennen. Dieser Style fühlt sich neu und doch «Back-to-the-Roots» an. Wie Marteria gegenüber der «Zeit» sagte, ist es für ihn ein «Zurück zu den Wurzeln». Und dieser Stil passt zu Marteria, einem Künstler, der schon immer etwas anders als seine Hip-Hop-Kolleg:innen an Musik heranging.

Von Level zu Level

Während «Paradise Delay» melodisch fröhlich wirkt, ist der Text ein Einstieg auf die «Hardcore-Melancholie» der nachfolgenden Songs. Die Line «Finde kein Ende, von Level zu Level, von Tempel zu Tempel» verweist auf den 2010 erschienen Song «Endboss», ein Klassiker des Rappers. Auch dieser Song beschäftigt sich mit einem sehr zentralen Element des Albums: dem Feiern. Der Beat auf «Paradise Delay» wurde von DJ Koze gemixt.

«5. Dimension» wurde neben DJ Koze von Siriusmo und The Krauts gemixt. Mit letzteren arbeitete der 39-Jährige bereits auf seinen früheren Alben zusammen. Die Beats sind pop-lastig, tanzbar und eben oft von Melancholie geprägt.

Einsamkeit und Party

Wie bei den letzten Projekten ist auch Miss Platnum als Feature auf dem Album zu finden. Dass die beiden gut harmonieren, haben Songs wie der Überhit «Lila Wolken» oder der 2020 erschienene Song «Titanik» (zusammen mit KitschKrieg) gezeigt. Auf «Loft & Liebe» besingen sie das Gefühl von Einsamkeit und dem gekonnten Entgegenwirken: «Und bevor die Augen traurig werden, Betty Boo/Zeig mir dein’n geheim’n Panic Room/Komm wir kill’n zu zweit den Rest vom Hennessy/Dеnn das Gefühl allein zu sein, das kеnn’ ich gut». Der Beat erzeugt eine schöne und besondere Stimmung, die einen die Gefühlswelt der beiden nacherleben lässt.

Die Popnummer «Marilyn» basiert auf dem Song «Important Movie Scene» von Siriusmo. Zusammen mit The Krauts wurde der Song überarbeitet. Thematisch beschäftigt sich «Marilyn» mit dem Drang der ewigen Selbstoptimierung und dem Wissen, dass man doch «lost» ist. Oder wie Marteria es beschreibt: «Marilyn ist das, was wir alle wollen – ohne zu wissen, was es eigentlich ist.»

«Zug der Erkenntnis» ist – meiner Meinung nach – einer der stärksten Tracks auf dem gesamten Album. Marteria reflektiert auf dem Song mit einer Ehrlichkeit, die schmerzt. Er gibt zu «nur Rapper» zu sein und steht offen zu seinen Fehlern. Dann fährt der langersehnte Zug der Erkenntnis ein. Ob ihn dieser Zug ändert, lässt Marteria offen. Der Musiker gibt aber zu, dass es ihm weh tut, wenn ihn der langersehnte Zug der Erkenntnis trifft.

Eine neue Freiheit

Die DDR-Vergangenheit des Rostockers spielte bis anhin zwar immer mal wieder eine Rolle in seinen Songs. So deutlich wie auf «Neonwest» äusserte er sich bis jetzt noch nicht. Der Track erzählt, wie sich der damals kleine Marten nach der Wende mit seinen Eltern nach West-Berlin wagte. In eine für ihn fremde Welt. «Seh’ zum ersten Mal ‘ne Kirche, die mir im Gedächtnis bleibt», heisst es auf «Neonwest». Eine gelungene Anspielung an die Gedächtniskirche, die sich im ehemals West-Berliner Stadtteil Charlottenburg befindet.

Das Outro, 6:30 (Good Night), schliesst die Reise durch eine lange Nacht perfekt ab. Zwischen dem langsamen Bereuen und der Erkenntnis, dass die Party sich wiederholen wird. Da bringt auch der Drang nach dem Gefühl nach Selbstreflektion wenig.

Obwohl Marteria auf «5. Dimension» viel und vor allem ehrlich reflektiert, nimmt die Party den grösseren Platz ein. Denn Verdrängung ist manchmal der einfachere und bequemere Weg. Inhaltlich überzeugt das Album. Einzigartige, oft melancholische Beats, gerade in Bezug auf zeitgenössischen Hip-Hop, der sehr «traplastig» ist, runden die «5. Dimension» ab.

Autorin: Adina Steimer

ZAKK ermöglicht mir, meine Kreativität auszuleben und über alle möglichen Themen wie auch Emotionen zu schreiben. Gleichzeitig erhalte ich die Chance, meinen Schreibstil zu verfeinern und Geschichten mit der Welt zu teilen.