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Foto: Ascot Elite Entertainment

Filmkritik: Ballade vom Bösen und der Liebe

13.12.2023, Autor: Lenard Baum

Der 18-jährige Coriolanus Snow sieht sich seiner Aufstiegschancen im Kapitol beraubt. Doch als ihm Lucy Gray Baird als Tribut für die Hungerspiele zugeteilt wird, wittert er eine neue Gelegenheit. Sowohl für Snow als auch für Lucy beginnt ein Kampf um Leben und Tod oder um Liebe und Aufstieg.

Die Vorgeschichte zu «The Hunger Games»: Der erbitterte Krieg zwischen Distrikten und dem Kapitol ist vorbei. Wenige Jahre nach einem hart umkämpften Sieg befindet sich das Kapitol im Wiederaufbau und die einst hoch angesehene Familie Snow ist in Armut versunken. Coriolanus Snow, ein aufstrebender Schüler in den reichen Kreisen des Kapitols, fürchtet um seine Aufstiegschancen, als sich die Spielregeln ändern und er statt guter Noten einen Tribut durch die 10. Hungerspiele bringen muss. Sein Tribut Lucy, ein junges Mädchen aus dem verarmten Distrikt 12, das auch noch etwas verrückt wirkt, als sie nach der Auswahl zu singen beginnt, verwirrt die anderen Mentoren, doch Snow sieht mehr in ihr. Vereint im Willen zum Sieg gegen die Obrigkeit und mit dem richtigen politischen Gespür beginnt der Kampf gegen scheinbar übermächtige Gegner im Kapitol und in der Arena. “The Hunger Games: The Ballad of Songbirds and Snakes”, die Rückkehr in die Welt Panems.

Francis Lawrence, der Regisseur der Teile 2 bis 4 der “Tribute von Panem”-Reihe, kehrt mit dem neuesten Buch der Panem-Autorin Suzanne Collins zurück. Die Voraussetzungen für ein gelungenes Comeback in die ebenso kalte wie bunte Welt von Panem sind also gegeben. Aufgeteilt in drei Kapitel taucht der Film ein in das Leben des umtriebigen Snows und seine Probleme, die es zu lösen gilt. Da wären zum Beispiel der letzte Rest seiner eigenen Familie, der kurz vor dem Bankrott steht, Snows Mitschüler, die um den Platz an der Sonne kämpfen, ein Freund, der sich gegen die Spiele stellt, und die Intrigen zwischen der Spielführerin Dr. Volumnia Gaul (Viola Davis) und dem Spielerfinder Casca Highbottom (Peter Dinklage). Zu all diesen Geschichten kommen noch die Hungerspiele selbst mit Lucy Gray Bird (Rachel Zeglers) im Kampf um ihr Leben. Es ist ein Drahtseilakt des Films, so viele Story-Stränge zu verbinden und fertig zu erzählen. Ein Akt, der aufgrund der Länge des Films von dreieinhalb Stunden Laufzeit gelingt, da er es schafft, die Spannung bis zum Anfang des letzten Kapitels aufrechtzuerhalten.

Eine weitere Schwierigkeit bestand in der Hauptrolle des Films. Wie schafft man es, einen ebenso verhassten wie genialen Bösewicht, wie er jeweils von Oscar-Preisträger Donald Sutherland verkörpert wurde, nahbar, ja sogar emotional darzustellen? Tom Blyth, einigen vielleicht bekannt aus Serien wie «Billy the Kid» oder «Gilded Age», trägt den Film mit seiner Vielseitigkeit, seiner Frische und seinem Charme als jugendlicher Snow. Man merkt, wie sehr er sich dabei an Sutherlands Darstellung orientiert hat. Als Snow gelingt es ihm, mit den Intrigen und Spielchen von Peter Dinklage und Viola Davies mitzuhalten, auch wenn einige ihrer Rollen teilweise etwas zu kurz kommen

Kritik: 

An sich erfindet ”The Hunger Games: The Ballad of Songbirds and Snakes” das Rad der Prequels nicht neu. Wir haben wieder unsere Hungerspiele in einer etwas rustikaleren Form, eine weibliche Heldin, die gegen das Kapitol kämpft und (vor allem) mehr singt, sowie eine klassische Liebesgeschichte. Was der Film aber mit sich bringt, ist die Neuerzählung der Figur Snow. Tom Blyth dabei zuzusehen, wie er sich zwischen Macht und Liebe bewegt, ist mitreissend und lässt die dreieinhalb Stunden Film schneller vergehen, als man erwartet.

Bei so vielen Handlungssträngen ist es fast schon erstaunlich, dass der Film es schafft, sie alle rund zu erzählen, auch wenn Peter Dinklage am Ende mit einer begrenzten Anzahl von Szenen etwas blass erscheint. Darüber hinaus ist es einfach erfrischend, wieder in die Welt von Panem einzutauchen, von den Effekten, den choreografierten Kämpfen in der Arena, den wie üblich ausgefallenen Kostümen bis hin zur Symbolik des Widerstands gegen die Obrigkeit (plus einer Reihe von Anspielungen auf die «Hunger Games»-Trilogie). Ein Film für alle, die in die Welt von Panem zurückkehren wollen, der dafür aber alle anderen vielleicht etwas zurücklässt.

ZHAW-Note: 5.25/6 

Foto: Ascot Elite Entertainment

Film seit dem 16.11.23 im Kino.