Rechtzeitig zum Kafka Jahr 2024: Eine Neuauflage der Bühnenadaption von «Amerika»
(Foto: Opernhaus Zürich)
30.05.2024, Autorin: Laura Marta
«Amerika» – ein Romanfragment des 1924 an Lungentuberkulose verstorbenen Franz Kafka – war als prachtvolles Musiktheater im Zürcher Opernhaus zu sehen. Uraufgeführt wurde die Adaption des Komponisten Roman Haubenstock-Ramati (1919–1994) 1966 in der Deutschen Oper Berlin. Doch die unkonventionelle Inszenierung führte zu starken Protesten und so musste sie nach nur zwei Vorstellungen abgesetzt werden. Seitdem blieb es eher ruhig um das Stück. Das änderte sich nun pünktlich zu Kafkas 100. Todesjahr. Zwar war die Produktion für die Saison 2020/2021 vorgesehen, doch die Corona Pandemie machte dem Team einen Strich durch die Rechnung.
Sowohl das Bühnendesign der Neuauflage als auch die Leistung der Sänger:innen und Balletttänzer:innen ist mehr als beeindruckend. Durch die 66 Lautsprecher, das Live-Orchester, die drei zusätzlich eingespielten Orchester, Sprechchören und den Rundum-Sound ist es den Verantwortlichen gelungen, ein immersives Musikereignis auf die Bühne zu bringen.
Absolut Kafkaeske Inszenierung – aufgeführt im Kafka Gedenkjahr 2024
Sorgte für Gänsehaut: Die Schlussszene aus der Neuproduktion von Roman Haubenstock-Ramatis «Amerika».
(Foto: Opernhaus Zürich)
Jedoch: Wer den Roman nicht gelesen hat, wird sich etwas verloren gefühlt haben. Das heute unter dem Titel «Der Verschollene» bekannte Werk handelt vom sozialen Abstieg des 16-jährigen Karl Rossmann aus Prag, nachdem er das Dienstmädchen schwängert und von seinen Eltern nach Amerika geschickt wird. Die Idee hinter dem Theaterstück war es nie, die Geschichte des Romans nachzuerzählen. Vielmehr schwebte dem Komponisten, der «Amerika» in 24 kurze Szenen gegliedert hat, ein labyrinthisches Traumtheater vor. «Mein Amerika liegt zwischen Chaplin und Fellini», erklärte er damals. In der Neuproduktion, dirigiert von Gabriel Feltz und inszeniert von Sebastian Baumgarten, wird ein neuer Versuch unternommen, seine Vision umzusetzen.
Von Kafkas Werk sind schlussendlich nur noch Satzfragmente übrig geblieben. Die Filmeinspielungen und Pantomime-Einlagen werden Leuten, die mit dem Ausgangsstoff nicht bekannt sind, kaum dabei helfen, die Handlung zu verfolgen. Auch den stockenden, oft affektiert anmutenden Sprechgesang muss man mögen, um das Stück geniessen zu können. Die gewaltige Bilderwelt wird aber bei allen Anwesenden einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
Besonders in Erinnerung bleiben wird den Operngänger:innen wohl die Schlussszene – eine groteske Märchenwald-Inszenierung des «Grossen Naturtheaters von Oklahoma». Alle auf der Bühne tragen Masken die von gruseligen Puppengesichtern, über Fröschen bis hin zu bekannten Comic- und Fantasy Figuren reichen.
Nachdem wir 110 Minuten in einem fast Klaustrophobie auslösenden Labyrinth gefangen waren, schauten meine Freundin Nadine (durch deren Mitgliedschaft im Club Jung wir überhaupt erst an die sündhaft teuren Plätze herankamen) und ich uns an und sagten einstimmig: «Das war auf jeden Fall kafkaesk».
Info Club Jung: Für eine einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20 erhalten alle Operninteressierten zwischen 16 und 26 Jahren 248-mal im Jahr Karten für nur CHF 15 an ausgewählte Vorstellungen.
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Alias-Studierende der ZHAW
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